Die Coronakrise brachte unserer Sparkasse eine Fülle an Herausforderungen, gleichzeitig eröffnete sie jedoch auch neue Chancen. Vor allem für das Thema Digitalisierung wirkte die Pandemie als Katalysator. In Anbetracht strenger Kontaktbeschränkungen und Abstandsgebote wählten unsere Kundinnen und Kunden immer öfter die kontaktlosen und digitalen Zugangswege zur Sparkasse. So verdreifachten sich zu Beginn der Coronakrise die Anmeldungen für unser Online-Banking. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter unseres KundenServiceCenters erreichten 2020 über 250.000 Service-Anfragen – ein Plus von rund 10 %. Auch die digitale Beratung im OnlineBeratungsCenter, die wir per Screen-Sharing, Co-Browsing und Videoberatung anbieten, wurde stärker als je zuvor nachgefragt.

Wir sind überzeugt, dass dieser Schub für unsere digitalen Services nachhaltig ist. Viele unserer Kunden, die dem Thema Online-Banking früher kritisch gegenüberstanden, sind heute begeistert davon, wie einfach, schnell und sicher das digitale Banking unserer Sparkasse funktioniert. Um unsere digitalen Kompetenzen weiter auszubauen, haben wir 2020 mit der Gründung des Medialen KundenCenters einen entscheidenden Schritt getan. Der neue Unternehmensbereich entwickelt unsere digitalen Lösungen konsequent fort und bündelt das Wissen und praktische Know-how aus unseren drei bestehenden medialen Service- und Beratungseinheiten: dem KundenServiceCenter (telefonischer Service), dem OnlineBeratungsCenter (persönliche Online-Beratung) sowie dem BusinessCenter (digitale Beratung für Gewerbetreibende).

Für den Ausbau unserer digitalen Angebote haben wir in den letzten Jahren bereits viele Anstrengungen unternommen und als Überall-Finanzdienstleister intensiv in digitale Lösungen investiert. Wir sind daher besonders stolz auf gleich drei Auszeichnungen, die wir 2020 erhielten: Erstmals testierte das renommierte Deutsche Institut für Bankentests in Zusammenarbeit mit „Die WELT“ die besten Banken und Sparkassen auf dem Gebiet des digitalen Bankings. Wir schnitten hier mit der Bestnote „sehr gut“ ab. Zudem testete Finanztest alle wichtigen Banking-Apps: Testsieger wurde die Sparkassen-App in der iOS-Version. Die Android-Version gehört ebenfalls zu den Besten und belegte den zweiten Platz. 43.461 Kundinnen und Kunden der Sparkasse Oberhessen nutzen die Apps bereits auf ihrem Smartphone.

Nach Jahren des soliden Wachstums traf die Coronakrise die mittelständisch geprägte Wirtschaft in Oberhessen mit Wucht. Für viele Unternehmen bedeutete die Pandemie eine monatelange Zeit der Unsicherheit. Wie stark würde die Nachfrage einbrechen? Welche Auswirkungen würden die Maßnahmen auf Lieferketten und Absatzmärkte haben? Wie lange würden die eigenen Rücklagen reichen? Müssen Mitarbeiter in Kurzarbeit geschickt oder sogar entlassen werden? Und dies sind nur einige Gedanken, die unseren Beratern während der ersten Wochen der Pandemie begegneten.

Die Betroffenheit unserer gewerblichen Kunden war, abhängig von ihrer Branche, sehr unterschiedlich: Während das Gastgewerbe fatale Einbußen hinnehmen musste, stiegen die Aufträge im Baugewerbe sogar an. Mit Einsetzen der Krise im März 2020 war uns die Verantwortung unseres Hauses bewusst. Von Anfang an hatte unsere Sparkasse den Anspruch, fest an der Seite unserer gewerblichen Kunden zu stehen und die Krise gemeinsam zu meistern. Um die Klippen der Pandemie zu umschiffen, galt es immer wieder, individuelle Lösungen zur Sicherung der Liquidität oder Kompensation der Umsatzeinbußen zu finden. Allein mit unseren Gewerbekunden wurden hierzu über 3.000 Beratungsgespräche geführt. Neben der Vermittlung von Soforthilfen des Bundes und der KfW half unsere Sparkasse in den meisten Fällen mit eigenen Mitteln. Ohne großen bürokratischen Aufwand erweiterten wir Kreditlinien, stellten zusätzliche Liquidität bereit oder pausierten die Tilgung für bestehende Kredite. Zusätzlich legten wir zur Unterstützung ein eigenes Kreditprogramm auf, mit dem Firmen schnell bis zu 50.000 Euro erhielten.

Insgesamt wurden 2020 rund 26,4 Mio. Euro staatlicher Corona-Förderprogramme der KfW und WI-Bank an heimische Unternehmen ausgezahlt. Weitere staatliche Hilfen leiteten wir unkompliziert und schnell weiter. Zusätzlich zu unserem Corona-Sonderkreditprogramm gewährten wir bei insgesamt 2.181 Krediten (1.719 Privatkredite und 462 gewerbliche Kredite) mit einer Gesamtdarlehenssumme von über 244 Mio. Euro unbürokratisch die Aussetzung der Tilgungszahlungen. In der Rückschau haben sich all diese Maßnahmen sowohl für unser Haus als auch für unsere Kunden gelohnt: Bis Ende 2020 verzeichneten wir nicht einen Kreditausfall oder eine Insolvenz, die durch Corona bedingt waren. Eine solide Gesamtbilanz der Coronakrise für den heimischen Mittelstand wird jedoch frühestens Ende 2021 möglich sein.

Neben allen Belastungsfaktoren erkannten viele unserer mittelständischen Kunden Corona auch als Chance und setzten ihre Zukunftsinvestitionen fort. Denn die veränderte Marktlage erforderte von vielen Betrieben, ihre Geschäftsmodelle neu auszurichten. Auch deshalb wuchs unser Neugeschäft bei gewerblichen Krediten um 32 % auf 341,7 Mio. Euro. Insgesamt nutzen mit 1,656 Mrd. Euro die heimischen Firmen rund 134 Mio. Euro mehr, um ihre Unternehmensentwicklung zu finanzieren.

Rund 3.500 oberhessische Vereine bereichern das Leben der Menschen in der Wetterau und im Vogelsberg. Die Ehrenamtlichen trainieren den Sportnachwuchs, engagieren sich im sozialen Bereich, richten Feste aus oder begeistern mit kulturellen Angeboten. Kurz gesagt, sie halten die Gesellschaft über alle Generationen hinweg zusammen. Corona bedeutete für das Engagement der heimischen Vereine leider einen herben Einschnitt. Unzählige Aktivitäten wie Proben, Training oder Veranstaltungen mussten über Monate eingestellt werden oder konnten nur in reduzierter Form stattfinden.

Vor diesem Hintergrund ist es besonders erfreulich, dass sich gerade im Coronajahr viele Vereine und Freiwillige durch Solidarität und praktische Hilfe hervortaten: In den Städten und Ortschaften wurden lokale Hilfsdienste für besonders gefährdete Gruppen organisiert. Vereinenähten und verteilten kostenlos Masken oder boten Einkaufsservices an. Als Corona immer mehr zum Alltag wurde, entwickelten sie kreative Lösungen, um lokale Kultur und Sport mit Hygienekonzepten oder digitalen Lösungen am Leben zu erhalten.

Für unsere Sparkasse war und ist es eine Herzensangelegenheit, das heimische Ehrenamt durch diese nicht einfache Zeit zu begleiten. Neben unserem regulären Förderengagement legten wir 2020 deshalb eine Corona-Sonderförderung in Höhe von 100.000 Euro auf: 50.000 Euro flossen im Programm „Ein Herz für Helfer“ an 100 Vereine, die sich in der Krise mit sozialen Projekten engagierten. Weitere 50.000 Euro gingen über die Stiftung der Sparkasse Oberhessen an die Tafeln im Wetteraukreis und im Vogelsbergkreis. Die Corona-Sonderförderungsprogramme werden wir im Jahr 2021 noch ausweiten.

Natürlich profitierte das Gemeinwohl im Pandemiejahr auch von unserem regulären Förderengagement. So erhalten jährlich bis zu 600 Vereine und Initiativen aus den Bereichen Sport, Kultur, Bildung, Umwelt und Soziales unsere Grundförderung. Hinzu treten anlassbezogene Spenden und Sponsorings, die viele Angebote erst möglich machen. Auf die Organisation der zahlreichen Sport und Kulturveranstaltungen, welche die Sparkasse traditionell ausrichtet, mussten wir 2020 leider weitgehend verzichten. Insgesamt stellten wir und unsere Stiftung im Jahr 2020 über 500.000 Euro für 963 Projekte und Vereine zur Verfügung.

Für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Sparkasse Oberhessen bedeutete Corona eine Ausnahmesituation. Als systemrelevantes Dienstleistungsunternehmen stand unser Haus vor der Herausforderung, den Bankbetrieb mit werktäglichem Kundenverkehr aufrechtzuerhalten und gleichzeitig alle Beschäftigen bestmöglich zu schützen. In der Praxis verlangte dies uns allen viel Disziplin und Engagement ab. So mussten im Kundenbetrieb strenge Hygiene- und Abstandsregeln eingehalten und überwacht werden. In den Backoffice-Bereichen haben wir viele Teams räumlich getrennt, um im Infektionsfall arbeitsfähig zu bleiben. Ein Krisenteam koordinierte mit hohem Aufwand alle nötigen Maßnahmen und hielt sich dabei streng an die Vorgaben der Hessischen Landesregierung. Wir danken allen Kolleginnen und Kollegen für ihren herausragenden Einsatz während der Pandemie. Ihr Pragmatismus und ihr Engagement halfen insbesondere unserer Kundschaft, die widrigen Umstände der Krise gemeinsam zu meistern.

Unerwartet positiv wirkte sich Corona auf unsere Arbeitskultur aus. Da Büropräsenz in der Pandemie zum Risiko wurde, organisierten wir verschiedene Arbeitsprozesse ganz neu. Als Ergebnis steht ein wesentlich flexibleres und digitaleres Arbeiten in und außerhalb der Sparkasse. So kann mittlerweile fast die Hälfte der Belegschaft bei Bedarf mobil von zu Hause aus arbeiten. Auch die Arbeitszeiten haben wir flexibler gestaltet.

Ziel dabei war es nicht allein den Betrieb der Sparkasse Oberhessen zu gewährleisten, sondern auch Familien zu entlasten, die ihre Kinder während der Zeit des „Homeschooling“ zu Hause betreuen mussten. Die gesammelten Erfahrungen sind so positiv, dass wir diese flexiblere Arbeitskultur auch nach der Pandemie weiterführen und fortentwickeln werden.

Als eine der größten Arbeitgeberinnen der Region setzt die Sparkasse Oberhessen auf eine zufriedene und motivierte Belegschaft. Wir pflegen eine Unternehmenskultur, die Transparenz, Wertschätzung und Kommunikation auf Augenhöhe voraussetzt. Zudem legen wir viel Wert auf die persönliche und fachliche Weiterentwicklung jedes Einzelnen unserer 864 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Um das Potenzial unserer Talente bestmöglich zu fördern, offerieren wir vielfältige Weiterbildungsmöglichkeiten, die für Fach- und Führungstätigkeiten qualifizieren. Deshalb haben wir 2020 rund 370.000 Euro in 2.304 Fortbildungstage investiert. Wir unterstützen unsere Kolleginnen und Kollegen zudem dabei, ihre familiären Aufgaben wahrzunehmen. 378 von ihnen nutzten 2020 familienfreundliche Teilzeit, 35 gingen in Elternzeit. Im Wettbewerb um Fachkräfte setzen wir besonders auf denselbst ausgebildeten Nachwuchs. Jährlich treten bei uns mindestens 20 junge Menschen ihre Ausbildung oder ein duales Studium an. Hervorragende Chancen gibt es für Nachwuchskräfte vor allem in der Kundenberatung und bei bankspezifischen Spezialtätigkeiten.

Die Impfkampagne schreitet voran und Schritt für Schritt kommt ein Ende der Pandemie in Sicht. Viele Firmen bereiten sich auf einen neuen Wirtschaftsboom vor. Unseren Kundinnen und Kunden, die sich für Deka Investmentfonds als Geldanlage entscheiden, können von steigenden Aktienmärkten profitieren. Ein Blick auf Staaten, die die Viruskrise bewältigt haben, zeigt die Richtung, in die es geht.

Große Teile der Bevölkerung wollen nach dem düsteren Coronawinter einen Sommer der Normalität. Die Zahl der Neuinfizierten fällt rapide, auch wenn neue Virus-Mutationen neue Risiken bedeuten könnten. Angesichts der niedrigen Inzidenzen und der zunehmenden Impfungen stehen die Chancen für eine Normalisierung von Gastronomie, Hotellerie und Handel im Sommer jedoch gut.

An den Börsen wird das Ende der Pandemie bereits vorweggenommen. Die Notierungen des deutschen Leitindex Dax und des Euro Stoxx 50 – des Börsenbarometers der 50 europäischen Konzerne mit der höchsten Marktkapitalisierung – legen zu und haben den Einbruch zu Beginn der Pandemie im März 2020 längst wettgemacht. Ende Mai 2021 notierten beide Indizes auf neuen Rekordständen.

Noch früher stiegen die Leitindizes der Börsen jener Länder, denen es früh gelang, die Ausbreitung der Infektionen zu stoppen – in Ländern wie China, Japan und Südkorea startete die Wirtschaft früher durch. „Der Blick auf die Kursentwicklung in Fernostasien zeigt, dass Europas Börsen noch Nachholpotenzial haben, sobald die Pandemie durch die Impfungen endgültig überwunden ist“, sagt Ulrich Kater, Chefvolkswirt der DekaBank. Damit es schneller vorangeht, nimmt eine wachsende Zahl deutscher Unternehmen den Schutz ihrer Beschäftigten selbst in die Hand. Dax-Konzerne wie Allianz und Deutsche Telekom impfen ihre Belegschaften bereits durch eigene Ärzte.

Weltweit steht die Wirtschaft durch die neuen Anforderungen der Digitalisierung und der nachhaltigen Produktion vor gewaltigen Veränderungen. Umso wichtiger ist es, Beschäftigte vor dem Virus zu schützen, damit die Fertigung ungehindert laufen kann. Wie dieser Schutz gelingen kann, zeigen jene asiatischen Staaten, die die Pandemie bereits 2020 gestoppt haben. Chinas Bruttoinlandsprodukt (BIP) wuchs vergangenes Jahr um 2,3 %, in Vietnam betrug das Plus 2,9 %, in Taiwan sogar 3 %. Hingegen schrumpfte Deutschlands BIP um 4,9 %, in der Eurozone betrug das Minus sogar 6,8 %.

Was Deutschlands Wirtschaft besser als die Nachbarländer durch die Krise getragen hat, war die starke Nachfrage aus Fernost nach Automobilen und Maschinen. Beispielhaft dafür steht Daimler. Der Stuttgarter Autobauer musste 2020 zwar weltweit gesehen einen Absatzeinbruch von 7,5 % hinnehmen. Während in Deutschland die Zahl der verkauften Mercedes-Benz-Modelle aber um 10,1 % sank, stieg sie in der Region Asien-Pazifik um 4,7 % auf 1,024 Millionen. Haupttreiber war China: Durch ein Plus von 11,7 % konnte dort ein neuer Absatzrekord von 774.382 Automobilen erreicht werden.

Mit dem näher rückenden Ende der Pandemie auch in Europa und Nordamerika beginnen die Exportnationen in Fernost wieder, mehr Waren in diese Märkte zu bringen. Containerfrachter sind gefüllt mit der neuen Sommermode für die Boutiquen und Einkaufszentren. Die Frachtraten auf den Weltmeeren ziehen deshalb mächtig an. Auf der Asien-Europa-Linie sind die Container-Transportkosten seit Sommer 2020 von 1.500 US-Dollar auf mehr als 5.000 US-Dollar gestiegen, meldet Bloomberg. Die steigende Nachfrage treibt auch die in der Pandemie gesunkenen Rohölpreise wieder in die Höhe. An deutschen Tankstellen sind Benzin und Diesel so teuer wie vor der Krise – auch, weil die Bundesregierung zu Jahresbeginn die Kraftstoffe um rund 7,5 Cent pro Liter durch die neue CO2-Abgabe zum Klimaschutz verteuert hat.

Inflation ist ein temporäres Problem Diese Preisanstiege seien aber nicht der Beginn einer Inflation, sagt DekaBank-Chefvolkswirt Kater: „Sie sind vielmehr Folge der weltweiten Konjunkturerholung.“ Sobald Fertigungs- und Transportkapazitäten an den gestiegenen Bedarf angepasst sind, „wird die Welle an Preisanhebungen bis zum Jahresende ausrollen, weil sich die Lage bis dahin wieder normalisiert“, prognostiziert Kater. „Die vorübergehend anziehende Teuerung dürfte jedoch an den Börsen für einige Bewegung sorgen.“ Geradlinig werden sich Dax und Euro Stoxx 50 nicht nach oben bewegen.

Das Ende der Pandemie scheint greifbar, sobald weite Teile der Bevölkerung geimpft sind. Zugleich schaffen die Megatrends Nachhaltigkeit und Digitalisierung neue Perspektiven für Unternehmen. Viele haben ihre Investitionen in neue Technologien, die mittelfristig Wettbewerbsvorteile schaffen können, vorgezogen. An den Börsen dürfte es daher langfristig weiter nach oben gehen – wenn auch vorerst wohl unter deutlichen Schwankungen. Für alle Anleger verheißt all das gleich dreimal gute Aussichten: Der persönliche Impftermin rückt näher oder ist vollbracht, beim Einkaufen gibt es wieder mehr Möglichkeiten und mit einem breit investierten Wertpapierportfolio sollte man derzeit gut aufgestellt sein.

Die Sparkassen in Deutschland sind etwas ganz Besonderes, findet Mark Cassel. Sie versorgen zuverlässig auch kleine Firmen mit Krediten und sind ein Grund für den Wohlstand Deutschlands, schreibt der US-Professor in seinem neuen Buch „Banking on the State“. Damit will Cassel seine Landsleute ermutigen, ebenfalls Banken nach Sparkassen-Vorbild zu gründen. Doch wie kommt ein US-Amerikaner auf die Idee, im Urland des Kapitalismus diese Empfehlung auszusprechen?

Alles begann in den 1970ern in Büdingen. Als Schüler verbrachte Mark Cassel seine Ferien bei seinem Großvater in Deutschland. Das war Kurt Moosdorf – seines Zeichens Landrat und Vorsitzender im Verwaltungsrat derdortigen Sparkasse. Später studierte Cassel in Wisconsin und Marburg und befasst sich heute als Professor vor allem mit wirtschaftlichen Fragen. 2018 reiste er durch Deutschland, sprach in Büdingen und anderen Städten mit Sparkassenchefs, Ökonomen und Fachpolitikern. Ihn trieb eine Frage um: „Wie können kleine Geldinstitute, die von lokalen Politikern beaufsichtigt werden, den globalen Kapitalismus überleben?“ In vielen Ländern sind die im 19. Jahrhundert gegründeten öffentlichen Banken vom Markt verschwunden – warum nicht in Deutschland?

Im Gegenteil, die deutschen Sparkassen überstanden bestens weltweite Finanzkrisen. Seit Beginn der Corona-Pandemie wickeln Sparkassen gewaltige staatliche Hilfsprogramme für ihre Unternehmenskunden ab. In schweren Zeiten versorgten die Sparkassen immer wieder ihre freiberuflichen Stammkunden und kleine Firmen aus der Region mit Krediten, vermerkt Prof. Cassell in seinem Buch. Das sei in den USA ganz anders. „Die großen US-Banken bevorzugen den Umgang mit vermögenden Kunden, während sie die Kleinunternehmen sich selber überlassen.“

Auch die „kleinen Leute“ in Deutschland seien bei Geldangelegenheiten besser gestellt als jene in den USA, meint Cassell. Während in Europa die Girokarten mit leichtem Zugang zum Girokonto selbstverständlich seien, fehle so etwas in den Staaten. Das Recht auf ein eigenes Girokonto existiere dort ebenfalls nicht. Viele Millionen Berufstätige müssten dort bei „Payday Lenders“ immer wieder Kleinkredite aufnehmen, um über die Runden zu kommen. Die lassen sich die Banken auch mal mit zweistelligen Zinsen bezahlen, sagt Cassell im Skype-Gespräch über den Atlantik hinweg. „Das ist für arme Leute ein enorm hoher Kostenfaktor – besonders, wenn man einmal krank wird.“

Im März 2020 verkündete die US-Regierung das „Paycheck Protection Program“, mit dem kleinere Firmen staatlich verbürgte Kredite zur Bezahlung ihres Personals bekommen sollten. Sofort forderten die Banken von der Regierung die Erlaubnis, den Zins verdoppeln zu dürfen. Außerdem verlangten sie laut Cassell hohe Verwaltungsgebühren. In Deutschland leiteten die Sparkassen die staatlichen Hilfsprogramme hingegen kostenfrei weiter.

Die Sparkassen „sind das Rückgrat der deutschen Wirtschaft“, schreibt Cassell. Er führt ihre Stabilität darauf zurück, dass sie durch den Sparkassen-Verbund auch in Krisen vor dem finanziellen Ruin geschützt sind. Anders als in der von Konkurrenz geprägten US-Bankenwelt sei jede deutsche Sparkasse gut vernetzt und daran interessiert, dass es den Nachbarinstituten gut gehe. Durch die regionale Verankerung kenne man die Lage der eigenen Firmenkunden und habe schon während der Schulzeit Zugang zu den Stammkunden der Zukunft.

„Es wird mehr öffentliche Banken in den Vereinigten Staaten geben“, prophezeit Cassell. Nach einer Gesetzesänderung seien nun einige US-Bundesstaaten dabei, kommunale Geldinstitute nach dem Vorbild der deutschen Sparkassen zu ermöglichen.